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Geopolitisches Risiko dominiert klar bei Versicherern wie Unternehmen

Frankfurt am Mai, 18. März 2025 – Industrieversicherer und ihre Kunden betrachten geopolitische Risiken derzeit als mit Abstand größte Bedrohung für die gesamtwirtschaftliche Lage. In einer Blitzumfrage unter rund 200 Versicherungsexperten auf dem WTW Insurer Summit, welcher vergangene Woche in Essen stattgefunden hat, verortete fast die Hälfte der Teilnehmer (48 Prozent) dieses Risiko auf Platz 1. Cyber-Risiken folgen mit 26 Prozent, während Haftungs- (15), ESG- (10) sowie Kreditausfallrisiken (1) zurzeit eher in den Hintergrund treten (Abb. 1). „Wir sehen, dass die turbulente Weltlage derzeit alle anderen Unsicherheiten überlagert“, kommentiert Lukas Nazaruk, Head of Corporate Risk & Broking Deutschland und Österreich, das Ergebnis. „Nichtsdestotrotz dürfen Versicherer und Unternehmen andere, langfristig relevante Risiken nicht außer Acht lassen.“

Rund 200 Fachleute aus 42 in Deutschland tätigen Versicherungsunternehmen kamen beim WTW Insurer Summit 2025 zusammen, um über die zentralen Herausforderungen der Branche zu diskutieren.

Präventiv gegen Unsicherheiten vorgehen

„Unternehmen müssen in dieser Situation aufmerksam beobachten, wie sich ihr individuelles Risiko verändert“, so Nazaruk. „Die politischen Umwälzungen wirken sich auf die Sicherheit für ganze Regionen aus, was wiederum Transportwege, Lieferketten, Standorte und nicht zuletzt Mitarbeiter vieler Firmen bedroht.“ Teilweise passten Versicherer auch ihre Bedingungen an, so schlössen sie zum Beispiel bestimmte Krisenregionen in der Warentransportversicherung aus. Gleichzeitig sollten Risikomanager und Versicherungsverantwortliche andere wichtige Bereiche nicht vernachlässigen. So zeige der aktuelle MarktSpot von WTW, ein Trendreport zu Industrieversicherung, dass es zahlreiche neue Risiken in der Haftpflichtsparte gebe oder auch, dass die Kfz-Sparte weiterhin verhärtet bleibe.

Auch die digitale Bedrohung sei unvermindert hoch. Dennoch profitieren Kunden gerade noch von einer weicheren Marktphase aufgrund des hohen Wettbewerbs unter Versicherern. „Unternehmen müssen für eine Cyberversicherung hohe Sicherheitsvorkehrungen in der IT treffen, dann aber haben sie gute Chancen auf eine faire Police“, sagt Nazaruk. 

Algorithmen: Die Zukunft des Underwritings? 

Die Weiterentwicklung des Underwritings durch Datennutzung und KI war ein weiterer Schwerpunkt auf dem Insurer Summit: Gefragt nach den größten Chancen für den KI-Einsatz im Underwriting liegt bei vielen Versicherungsunternehmen die interne Effizienzsteigerung ganz vorne (35 Prozent), gefolgt von einer schnelleren Abwicklung von Schadenmeldungen (26), höherer Kundenzufriedenheit (15) und einer besseren Berechnung von Risikowahrscheinlichkeiten (14) (Abb. 2). 

Auch in der reinen Automatisierung des Underwritings besteht für die Befragten noch Potenzial (Abb. 3). Gleichzeitig sieht ein Viertel bei der Angleichung der Systeme den größten Fortschritt, den sie in den letzten zwei Jahren errungen haben. „Ein erfreulicher Wert, denn die Umfrage unseres letztjährigen Gipfels zeigte, dass vor allem veraltete Systeme der Automatisierung im Weg stehen“, sagt Kennet Otto, Leiter für gewerbliches und industrielles Underwriting bei WTW. Potenzial liegt aber im datengetriebenen Underwriting mittels Algorithmen: „Künftig sind Underwriter dadurch an weniger Administrationsaufgaben und Prozessschritten beteiligt“, so Otto. „Das bedeutet: geringere Fehlerquoten, mehr Fokus auf Risikobewertung und Zeichnungsentscheidung sowie weniger Rechercheaufwand.“

Einschätzung zur Prämienentwicklung gespalten 

Bei der Frage, wie die Versicherer die Prämienentwicklung einschätzen, ergibt sich ein differenziertes Bild (Abb. 4): Während eine Hälfte der Teilnehmer (51 Prozent) für 2025 steigende Preise erwartet, rechnet die andere Hälfte (49 Prozent) mit fallenden oder gleichbleibenden Prämien. „Diese gespaltene Meinung bestätigt, dass wir uns zwar in einer stabilen Phase befinden, aber der Markt noch nicht weich geworden ist", sagt Nazaruk. „Die Sparten entwickeln sich teilweise sehr unterschiedlich, es gibt Preisausschläge sowohl nach unten als auch nach oben und die Situation kann sich schnell ändern. Vor diesem Hintergrund werden datenbasierte Risikoanalysen als Basis für ein ausgefeiltes Absicherungskonzept immer relevanter.“